Die Wogen schlagen hoch: Ann-Katrin Hellstern 2. beim Freiburger Marathon
Die letztjährige Siegerin des Freibuger Marathons sichert sich dieses Jahr Platz 2. Vor dem Hintergrund, dass Ann-Katrin eigentlich von Haus aus Radsportlerin ist, ist dies noch höher zu bewerten. Jedoch sicherlich kein Grund für einen ganzseitigen Bericht in der Badischen Zeitung.
Dieser hat einen anderen Hintergrund: Sie wurde beim letzjährigen "Trans Schwarzwald" positiv auf das Mittel Modafinil getestet und daraufhin für zwei Jahre für alle Veranstaltungen des BDR und offizielle Meisterschaften gesperrt. Aber eben nur hierfür. Grund genug das Thema etwas tiefer zu beleuchten.
Foto: Patrick Seeger |
Oft wird Modafinil im Zusammenhang mit dem Begriff "Smart Drugs" genannt. U.a. der FOCUS berichtete 2015, dass zwischenzeitlich viele Studenten und Berufstätige, v.a. in den USA, zu dem Medikament als Gehirndoping greifen, um leistungsfähiger und konzentrierter zu sein.
Wie kann es sein, dass sie dennoch beim Freiburg Marathon starten darf und auf dem Treppchen steht? Ann-Katrin hat sich gegenüber der BZ nicht geäußert, jedoch auf ihrem blog das NADA-Urteil teilweise veröffentlicht. Rein rechtlich stand ihrem Start beim Marathon tatsächlich nichts entgegen, wie auch NADA und Veranstalter des Marathons bestätigen, da es sich um ein Breitensportevent handelte, der durch keinen Verband, sondern durch eine Firma veranstaltet wurde.
Wie sieht es jedoch moralisch aus? Garantiert waren bei der Veranstaltung zahlreiche Hobbyläufer - wissentlich oder unwissentlich - gedopt am Start. Die Dopingliste ist lang und beinhaltet zahlreiche Mittel wie z.B. Ephedrin, über deren Einnahme sich ein Nichtsportler bei Schnupfen keine Gedanken macht. Aber diese erreichen das Ziel höchstwahrscheinlich unter ferner liefen. Nicht so Ann-Katrin. Sie ist Leistungssportlerin durch und durch (auch ohne Lizenz) und startet immer, um zu gewinnen. Was sie dazu bewegt hat dennoch zu starten, ist nicht bekannt.
Im Verfahren wurden ihr weder
Absicht noch Vorsatz unterstellt. Vorsätzlich oder bewusst wurde nach dem Urteil die
Substanz nicht eingenommen. Laut Aussage von Ann-Katrin Hellstern war Leistungssteigerung kein Thema. Wie es dennoch zur Einnahme eines in Deutschland verschreibungspflichtigen Medikament kam, wird leider nicht erläutert. Auch, inwieweit das Medikament tatsächlich die Leistung gesteigert hat, ist nicht überprüfbar. Ann-Kathrin ist eine starke "Trans Schwarzwald" gefahren. Vielleicht wäre sie diese auch ohne dieses Mittel gefahren.
Warum sich mit der Teilnahme an diesem Wettkampf und dem Kampf um den Sieg der Empörung des Publikums und der Mitsportlerinnen aussetzen? Ich weiß es nicht. Ich hätte es nicht getan.
Ich kann mir vorstellen, wie sich z.B. die Viertplatzierte fühlt, die ganz knapp am Podiumsplatz vorbeigelaufen ist. Bei meiner ersten Deutschen Meisterschaft 1983 in Memmingen wurde ich Vierte. Ganz knapp geschlagen von einer Fahrerin, die mir vor dem Rennen naiv erzählt hat, dass sie krank ist und nur dank Medikamenten an den Start gehen kann. Diese Fahrerin war davor und danach nie wieder im Stande so weit vorne mitzufahren. Eine Doping-Kontrolle gab es damals im Schülerbereich noch nicht. Wenn es eine gegeben hätte, wäre es vielleicht eine Bronzemedaille gewesen?
Ich bin regelmäßig entsetzt, wenn ich bei sog. Jedermann-Rennen höre, dass wieder Fahrer des Dopings überführt werden. Aber auch, wenn Studenten und Manager tagtäglich Medikamente einnehmen, um leistungsfähiger zu sein. Das ist keine Erscheining, die es nur im Radsport gibt. Diese gibt es überall, wo ehrgeizige Menschen aufeinander treffen. Es scheint immer unbekümmerter damit umgegangen zu werden. Die eigene Gesundheit immer leichtfertiger aufs Spiel gesetzt werden.
Ich bin aber auch dagegen alle vermeintlichen Doping-Sünder in den selben Topf zu werfen, ohne Details und Hintergründe zu kennen.
Vielleicht erfahren wir in den nächsten Tagen mehr.
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